Kitafinanzierung im Land Brandenburg

Autor: Jana Weiss

Gute Bildung und Betreuung kann nur mit ausreichend finanziellen Mitteln gelingen. Vielfach ist und bleibt dennoch die Finanzierung von Kindertagesstätten und Tagesmüttern unzureichend. Vereinzelt sind Kitas und Tagesmütter sogar prekär unterfinanziert. Dies zeigt sich in schlechtem baulichen Zustand der Einrichtungen, defektem Mobiliar, fehlenden pädagogischen Materialien z.B. zum Basteln und unzureichenden Fortbildungsangeboten für die pädagogischen Fachkräfte.

Wie funktioniert die Kitafinanzierung?

Wie in allen Bereichen der Bildung gilt auch in Sachen Kitafinanzierung: Jeder ist zuständig – aber eben nur ein bisschen. Im folgenden beschränke ich mich auf Brandenburg und hier auch nur auf die wesentlichen Aspekte. Das System selbst ist im Detail kompliziert und streckenweise via Durchschnittsverfahren, Mittelsätze und Pauschalen darauf ausgerichtet, vor allem Geld zu sparen. Dennoch möchte ich die Strukturen zumindest skizzieren.

Die Finanzierung in der Kindertagesbetreuung wird in Brandenburg im Kindertagesstättengesetz (KitaG) und die Details in der Kindertagesstätten-Betriebskosten- und Nachweisverordnung (KitaBKNV) und der Kita-Personalverordnung (KitaPersV) geregelt. An der Finanzierung sind gemäß §16 Abs. 1 KitaG, der Landkreis (= Träger der öffentlichen Jugendhilfe), die Gemeinden, die Eltern und die Betreiber (Träger) einer Kita betieligt. In §16 Abs. 1 KitaG heißt es:

(1) Die Kosten der Kindertagesbetreuung werden durch Eigenleistungen des Trägers, durch Elternbeiträge, durch die Gemeinde sowie durch Zuschüsse des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gedeckt. Örtlich zuständig für die Gewährung der Zuschüsse nach den Absätzen 2 und 3 ist jeweils die Gebietskörperschaft, in deren Zuständigkeitsbereich die Einrichtung gelegen ist. Erfolgt eine Unterbringung grundsätzlich oder in ihrem zeitlichen oder qualitativen Umfang aufgrund der §§ 27, 35 a des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder der §§ 53, 54 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, so trägt der nach diesen Vorschriften Verpflichtete die hierdurch entstehenden Mehrkosten. Einrichtungen, die nicht die Voraussetzungen dieses Gesetzes erfüllen oder die nicht grundsätzlich allen Kindern offen stehen, können von der Finanzierung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden.

Die Kitafinanzierung wird damit in vier Säulen realisiert, die jedoch im Umfang nicht gleichwertig sind.

1. Der Landkreis
Der Landkreis übernimmt den wesentlichen Teil der Personalkosten und bezuschusst die Sprachstandsfeststellung. Im §16 Abs. 2 KitaG heißt es:

Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewährt dem Träger der Kindertagesstätte einen Zuschuss zu den Kosten des notwendigen pädagogischen Personals der Einrichtung, das zur Erfüllung der Verpflichtungen gemäß §1 erforderlich ist. Der Zuschuss beträgt 88,6 Prozent dieser Kosten für jedes betreute Kind im Alter bis zum vollendeten dritten Lebensjahr, 86,4 Prozent dieser Kosten für jedes betreute Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Einschulung und 84 Prozent dieser Kosten für jedes betreute Kind im Grundschulalter. Dieser Zuschuss wird höchstens für die Anzahl des tatsächlich beschäftigten pädagogischen Personals gewährt. Bemessungsgröße sind die Durchschnittssätze der jeweils gültigen Vergütungsregelung. Zusätzlich wird ein pauschalierter Zuschuss für die Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 6 und 7 gewährt, der sich an der Zahl der Kinder im Alter vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Einschulung orientiert. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann diesen zusätzlichen Zuschuss hiervon abweichend insbesondere nach sozialen Kriterien bemessen. Bis zum 31. Juli 2018 beträgt der Prozentsatz nach Satz 2 für Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Einschulung 85,8 Prozent.

Die konkrete Berechnung der Zuschusshöhe des Anteils richtet sich nach dem KitaG und der KitaBKNV ~ ODER ~ nach individuellen Verträgen zwischen den Gemeinden und dem jeweiligen Landkreis. Üblicherweise bewegt sich die tatsächliche Beteiligung zwischen 80% und 90% der Personalkosten. Der Landkreis bekommt für diese Aufgabe Geld vom Land (§16 Abs.6 KitaG) und zahlt die Personalkostenzuschüsse an die Kitabetreiber. Die Zahlungen richten sich nach den tatsächlich belegten Plätzen. Um diese Mittel zu erhalten, wird lediglich vorausgesetzt, dass die Kita alle Kinder (z.B. jeder Relegion) entsprechend ihrer Kapazitäten aufnimmt. Ausdrücklich nicht erforderlich ist die Aufnahme in den Bedarfsplan des Landkreises, der notwendige Kitas ausweist. Anders formuliert: Eine Gemeinde kann so viele Kitas eröffnen, wie sie möchte. Die Personalkostenzuschüsse des Landkreises sind ohne Einschränkung für alle Kitas zu gewähren, auch wenn der Landkreis die Kita nicht für notwendig erachtet. Das gleiche gilt für freie Träger. Sie können jederzeit und überall eine Kita eröffnen. Die Personalkostenzuschüsse fließen bei Kindern mit festgestelltem Rechtsanspruch immer.

2. Die Wohnortgemeinde
An den Kosten einer Kita haben sich ebenfalls die Wohnortgemeinden zu beteiligen. In §16 Abs. 3 KitaG heißt es:

Die Gemeinde stellt dem Träger einer gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 erforderlichen Kindertagesstätte das Grundstück einschließlich der Gebäude zur Verfügung und trägt die bei sparsamer Betriebsführung notwendigen Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten für Gebäude und Grundstücke. Zusätzlich soll die Gemeinde für den Träger einer gemäß § 12 Absatz 3 Satz 2 erforderlichen Kindertagesstätte, der auch bei sparsamer Betriebsführung und nach Ausschöpfung aller zumutbaren Einnahmemöglichkeiten aus dem Betrieb der Kindertagesstätte die Einrichtung nicht dem Gesetz entsprechend betreiben kann, den Zuschuss erhöhen.

Die Aufgabe der Gemeinde ist die Finanzierung des Gebäudes sowie dessen Unterhalt – also die Übernahme eines Teils der Sachkosten. Freie Träger (z.B. Diakonie, AWO) bekommen die Betriebskostenzuschüsse der Gemeinden jedoch nur, wenn die Kita in der Bedarfsplanung des Landkreises als „notwendig“ ausgewiesen ist. Ist die Kita nicht in den Bedarfsplan des Landkreises aufgenommen, müssen die freien Träger die Betriebskosten selbst aufbringen. Die Kitabedarfsplanung hat daher nur für jene Kitas eine Bedeutung, die nicht von der Kommune selbst betrieben werden. Also ganz deutlich: Bei gemeindeeigenen Kitas ist die Bedarfsplanung des Landkreises vollkommen irrelevant für freie Träger aber sehr wichtig. In Borkwalde und Borheide stellt die Aufnahme in den Bedarfsplan, aufgrund des Kitaplatzmangels, aktuell übrigens keine Hürde da.

3. Die Eltern
Die Eltern zahlen, was durch die Personalkostenzuschüsse des Landkreises und die Sachkostenzuschüsse der Gemeinde nicht abgedeckt ist und stellen damit zweit wichtigste Einnahmequelle für eine Kita da. In §17 KitaG heißt es:

(1) Die Personensorgeberechtigten haben Beiträge zu den Betriebskosten der Einrichtungen (Elternbeiträge) sowie einen Zuschuss zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen in Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen zu entrichten (Essengeld). Die Elternbeiträge beziehen sich auf alle mit der Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung des Kindes verbundenen Leistungen. Für Kinder, deren Personensorgeberechtigten für diese Kinder Hilfe nach den §§ 33, 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch erhalten, übernimmt der für diese Leistung zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Elternbeiträge in Höhe des Durchschnitts der Elternbeiträge des Trägers.

(2) Die Elternbeiträge sind sozialverträglich zu gestalten und nach dem Elterneinkommen, der Zahl ihrer unterhaltsberechtigten Kinder sowie dem vereinbarten Betreuungsumfang zu staffeln.

(3) Die Elternbeiträge werden vom Träger der Einrichtung festgelegt und erhoben. Über die Grundsätze der Höhe und Staffelung der Elternbeiträge ist Einvernehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe herzustellen. Gemeinden oder Gemeindeverbände als Träger der Einrichtungen können die Elternbeiträge und das Essengeld durch Satzung festlegen und als Gebühren erheben.

(4) Eine Heranziehung zu den Kosten einer Leistung der Eingliederungshilfe für Kinder im Grundschulalter nach §§ 53, 54 SGB XII erfolgt nicht, soweit diese Leistung der Inanspruchnahme des Rechtsanspruchs gemäß § 1 dient. Hinsichtlich der Erstattung der den örtlichen Trägern der Sozialhilfe für die vorgenannten Leistungen entstandenen Kosten finden §§ 10 bis 15 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch mit der Maßgabe Anwendung, dass den örtlichen Trägern der Sozialhilfe die entstandenen Aufwendungen unabhängig von den individuellen kommunalen Anteilen unter Berücksichtigung einer Finanzierungsquote des Landes von 85 Prozent gegen Nachweis erstattet werden.

Zur Kalkulation der Kitabeiträge wird der so genannte „Höchstsatz“ ermittelt. Dieser Höchstsatz ist der Maximalbeitrag, den Eltern bezahlen müssen. Er wird – unter Berücksichtigung möglicher Geschwisterkinder und dem Einkommen der Eltern – sozialverträglich gestaffelt und wird im Rahmen einer Satzung festgelegt.

Verständlicherweise ist die Zahlung der Elternbeiträge an den Besuch einer konkreten Einrichtung geknüpft. Das heißt, nur Eltern, deren Kindern eine Einrichtung besuchen bzw. dort verbindlich angemeldet sind, entrichten Elternbeiträge. Auch die Elternbeiträge fließen dem Betreiber einer Kita zu und nicht den Kommunen. Leider ist vielerorts zu beobachten, dass Gemeinden ihren Teil der Zahlung teilweise nicht leisten und statt dessen auf Elternbeiträge zurück greifen um die Gemeindekassen zu füllen. Den kommunalen Haushalt über unberechtigt erhobene Gelder zu sanieren ist jedoch nicht nur moralisch fragwürdig sondern auch gesetzeswidrig.

Für Details zum Thema „Kitabeiträge“ möchte ich an dieser Stelle auf die Elterninitiative „Gerechte Abrechnung“ verweisen, die sich intensiv mit diesem Thema auseinandersetzt und regelmäßig wichtige und vielbeachtete Klageverfahren gegen Gemeinden führt. Wer einen Antrag auf Überprüfung des Elternbeitrags stellen möchte, dem sei an dieser Stelle ein Artikel von 2017 aus der MOZ einschließlich Muster-Antragsformular empfohlen.

4. Der Betreiber bzw. Träger einer Kita
Der Betreiber einer Kita hat ebenfalls einen Beitrag zu den Kosten einer Kita beizusteuern. Die Höhe dieser Beteiligung wird im KitaG nicht näher spezifiziert. Sie soll lediglich „angemessen“ sein. Holzschnittartig kann von einem Trägeranteil vom 5% der Kosten (abzüglich Personalkostenzuschüsse) ausgegangen werden. Sofern der Betreiber einer Einrichtung gleichzeitig die Wohnortgemeinde ist, sind die Trägeranteile zusätzlich aufzubringen und nicht durch den Gemeindeanteil zu ersetzen.

Für die Gemeinden Borkheide und Borkwalde ist die Lastverteilung auf die einzelnen Schultern in den folgenden zwei Abbildungen gezeigt. (Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)

finanzierung_borkwalde_2016

finanzierung_borkheide_2016

Was heißen die oben skizzierten Strukturen im Alltag? Nun zunächst muss sich ein Kitabetreiber natürlich um einen kostendeckenden Betrieb der Kita bemühen. Kitabetreiber sind oft die Kommunen selbst oder aber größere Verbände mit eigener Interessenvertretung. Gleichzeitig sind der Landkreis und auch die Gemeinden, die eigentlich einen erheblichen Teil der Kosten übernehmen, bemüht, ihr Geld zusammen zu halten. Das schwächste Glied in der Kette sind die Eltern, die erst seit kurzem über eine landesweite Elternvertretung verfügen und deren Vertreter auch nur tätig werden dürfen, wenn sie selbst ein Kind in einer Einrichtung nach KitaG haben. Die schwache Rechtsstellung der Eltern führt nicht selten zu rechtsunwirksamen, fehlerhaften Beitragssatzungen, die den Eltern empfindlich hohe Kitabeiträge zumuten und Kindern aus ärmeren Familien den Zugang zu Kitas und Tagespflegestellen deutlich erschwert. Auflösen lässt sich dies ausschließlich über klarere Strukturen und/oder die komplette Beitragsfreiheit für Kindertagesstätten.

Und die Tagesmütter und -väter?

Auch wenn dieser Text vorrangig zum Thema Kitafinanzierung informieren soll, ist es mir dennoch ein Anliegen, gleichermaßen darauf aufmerksam zu machen, dass auch die Tagesmütter und -väter häufig sehr geringe Einkünfte – die teilweise unterhalb des Existenzminimums liegen dürften – mit ihrer Arbeitsleistung verdienen. Die Einschätzung, inwiefern die Arbeitsleistung einer Berufsgruppe, die den Bildungs- und Berufserfolg einer ganzen Generation maßgeblich beeinflusst, auch monetär zu würdigen ist, bleibt an dieser Stelle dem Leser überlassen.

Wichtig zu Wissen

Es handelt sich bei dem oben genannten Beitrag um einen Text von Eltern für Eltern. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Rechtsberatung. Eine Rechtsberatung erhalten Sie bei Bedarf bei einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin.

Gern nehmen wir Anregung zum oben genannten Artikel an oder ergänzen den obigen Beitrag um Ihre ganz persönlichen Fragen (natürlich anonym) schicken Sie uns dazu einfach eine Mail an kontakt@elterninitiative-prokita.de.

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Stand: 12.04.2018